Steuerrechtliche Fragen und Folgen im Zusammenhang mit dem Entscheid des Bundesrats zur Inkraftsetzung der OECD-Mindestbesteuerung in der Schweiz
René Matteotti
Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um ein Gutachten, das im Auftrag der Eidgenossenschaft erstellt und am 13. Dezember 2023 dem Eidgenössischen Finanzdepartement vorgelegt wurde. Das Gutachten analysiert steuerrechtliche Fragestellungen und Konsequenzen im Zusammenhang mit dem am 22. Dezember 2023 getroffenen Entscheid des Bundesrates zur Inkraftsetzung der Verordnung über die Mindestbesteuerung grosser Unternehmensgruppen.
In einem ersten Schritt wird die Ausgangslage skizziert, vor deren Hintergrund der Bundesrat die Entscheidung über den Zeitpunkt der Inkraftsetzung der Mindestbesteuerungsverordnung treffen musste. Dies umfasst insbesondere eine Bestandsaufnahme des zeitlichen Vorgehens der einzelnen Mitgliedstaaten des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS («IF») hinsichtlich der Überführung der GloBE-Musterregelungen in nationales Recht. Ebenso werden die wesentlichen Beschlüsse des IF dargestellt, die nach der Abstimmung vom 18. Juni 2023 über den Bundesbeschluss zur Einführung der OECD/G20-Mindestbesteuerung gefasst wurden.
In einem weiteren Teil wird der verfassungsrechtlich vorhandene Ermessensspielraum abgesteckt, über den der Bundesrat beim Entscheid über den Zeitpunkt der Inkraftsetzung der Mindestbesteuerungsverordnung verfügte.
Vor dem Hintergrund der Umsetzungspläne in den verschiedenen Mitgliedstaaten des IF sowie der seit der Abstimmung über die Ergänzung der Bundesverfassung vom IF genehmigten Leitlinien und Berichte wird schliesslich die Kernfrage beantwortet, wie verschiedene Unternehmenskategorien fiskalisch, verfahrensrechtlich und administrativ von einer Einführung bzw. Nichteinführung der inländischen und ausländischen Ergänzungssteuer durch die Inkraftsetzung der Mindeststeuerverordnung ab dem 1. Januar 2024 betroffen sind.
Einführung einer kantonalen Abgabe auf zuckerhaltige Getränke und Anhebung des Mehrwertsteuertarifs für zuckerhaltige Getränke auf den Normalsatz
Lothar Jansen
Grundsätzlich ist die Einführung einer Abgabe auf zuckerhaltige Getränke auf kantonaler Ebene möglich.
Zwar dürfen die Kantone keine zur eidgenössischen MWST gleichartige Steuern erheben. Für die Bewertung der Gleichartigkeit kommt es allerdings auf die konkrete Ausgestaltung an. Gemäss dem Leitentscheid des Bundesgerichts zur «Genfer Armenabgabe» und nachfolgenden Entscheiden des Bundesgerichts sind für die Gleichartigkeit das Ausmass der besteuerten Leistungen, die Erhebungsziele und Erhebungszwecke, das Belastungskonzept, die Erhebungsmodalitäten und die gewählte Bemessungsgrundlage massgebend.
Die Erhebung einer Abgabe auf zuckerhaltige Getränke als allgemeine Fiskalsteuer ist aus kompetenzrechtlichen Gründen und aufgrund eines Verstosses gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung unzulässig. Es kommt allerdings eine Ausgestaltung als Kostenanlastungssteuer, Lenkungssteuer oder reine Lenkungsabgabe in Betracht. Die Ausgestaltung als reine Lenkungsabgabe ist nicht zwingend erforderlich, da der Kanton bereits zur Erhebung als Lenkungssteuer berechtigt wäre.
Eine kantonale Abgabe auf zuckerhaltige Getränke konfligiert als solche mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung. Die anderen Besteuerungsgrundsätze (Gleichmässigkeit der Besteuerung, Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) und die Wirtschaftsfreiheit sind hingegen nicht tangiert.
Der Verstoss gegen die Allgemeinheit der Besteuerung kann durch Kostenanlastungsgründe oder Lenkungszwecke gerechtfertigt sein.
Für eine Rechtfertigung als Kostenanlastungssteuer ist entscheidend, dass der Nachweis einer abstrakten Nutzen- oder Kostennähe zu den mit der Abgabe finanzierten Leistungen bzw. Aufwendungen gelingt.
Für eine Rechtfertigung als Lenkungssteuer ist v.a. massgebend, dass ein angemessener Abgabebetrag festgelegt wird, ohne dass der Abgabe ex-post die Geeignetheit abgesprochen wird.
Die Erhebung des MWST-Normaltarifs auf zuckerhaltige Getränke ist m.E. zulässig und qualifiziert weder als Verstoss gegen die verfassungsrechtlichen Besteuerungsprinzipien noch die Erhebungsprinzipien des MWSTG.
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Markus Küpfer
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