Abhandlungen DOI: 10.38023/24b22481-d976-4d6d-83b1-8001962886f2

Steuerstreit um Portweinflaschen – Die Tragweite des Selbstdeklarationsprinzips bei der Alkoholsteuer

René Matteotti
René Matteotti
Patrick Bieri
Patrick Bieri
Rechtsgebiete:

Nationales Steuerrecht, Andere Abgaben und Steuern, Indirekte Steuern, Besteuerungsprinzipien

Zitiervorschlag: René Matteotti / Patrick Bieri, Steuerstreit um Portweinflaschen – Die Tragweite des Selbstdeklarationsprinzips bei der Alkoholsteuer, ASA 4

Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit dem Urteil A-2547/2022 vom 23. November 2022, dass auf gebrannten Wassern, welche unter Steueraussetzung importiert und in ein bewilligtes Steuerlager eingelagert worden sind, die Spirituosensteuer nachentrichtet werden muss, wenn die gebrannten Wasser aufgrund eines Fehlers nicht als Eingang in der monatlichen Steuerlageranmeldung im IT-System «alco-dec» erfasst worden sind. Dies gelte ungeachtet einer korrekten Aufnahme des unter Steueraussetzung importierten Alkohols in der Steuerlager-Warenbuchhaltung (Alkoholbuchhaltung) und dessen Besteuerung bei Auslagerung aus dem Steuerlager. Die Nachentrichtung der Spirituosensteuer führt demnach zu einer zweifachen Besteuerung. Unter Verweis auf das Selbstdeklarationsprinzip gelangte das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass im Einzelfall stossende Ergebnisse aus verwaltungsökonomischer Sicht und im Sinne der Rechtssicherheit hinzunehmen sind. Im vorliegenden Beitrag wird argumentiert, dass der Grundsatz der Verbindlichkeit (d.h. Unabänderlichkeit) der Anmeldung, wie er explizit im Zollgesetz für die Zollanmeldung vorgesehen ist [Art. 33 Abs. 1 ZG], weder im Alkoholgesetz noch in der vom Bundesrat erlassenen Alkoholverordnung verankert ist. Die in Ziff. 2 des vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) erlassenen Pflichtenhefts für Steuerlagerbetreiberinnen und Steuerlagerbetreiber stipulierte Verbindlichkeit der Steueranmeldung erweist sich daher als gesetzeswidrig. Das im Alkoholgesetz enthaltene Selbstdeklarationsprinzip entbindet das BAZG somit nicht von der Pflicht, im Rahmen des Steuernachforderungsverfahrens den steuerlich relevanten Sachverhalt unter Beachtung des Anspruchs auf Waffengleichheit zu untersuchen. Nur im Umfang, in dem das BAZG feststellt, dass gebrannte Wasser das Lager unversteuert verlassen haben, kann eine Steuernachforderung geltend gemacht werden.


Inhaltsverzeichnis

  • I. Ausgangslage
  • II. Ursache und Nachweis der Doppelbesteuerung
  • III. Rechtsnatur der Spirituosensteuer
  • IV. Tragweite des Selbstdeklarationsprinzips bei der Veranlagung der Spirituosensteuer
  • V. Gesetzliche Grundlagen und Ausführungsvorschriften in Bezug auf importierte gebrannte Wasser
    • 1. Einfuhr
    • 2. Ein- und Auslagerung
  • VI. Auslegung von Art. 25 AlkV
    • 1. Auslegungshypothesen
    • 2. Analyse der Auslegungshypothesen aufgrund der klassischen Auslegungselemente
      • 2.1. Grammatikalisches Auslegungselement
      • 2.2. Historisches Auslegungselement
      • 2.3. Systematisches Auslegungselement
      • 2.4. Teleologisch-systematisches Auslegungselement
      • 2.5. Verfassungskonforme Auslegung
      • 2.6. Zwischenfazit
  • VII. Reichweite der Untersuchungspflichten des BAZG und der Mitwirkungsrechte der Steuerpflichtigen
    • 1. Vorbemerkung
    • 2. Anwendbare Verfahrensgrundsätze
    • 3. Auswirkungen auf das Steuernachforderungsverfahren gemäss Art. 12 VStrR
  • VIII. Fazit
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