Zurechnungs- und Qualifikationskonflikte bei GmbH & Co. KG Strukturen im Verhältnis Deutschland – Schweiz

  • Autor/Autorin: Stephanie A. Brawand
  • Beitragsart: Abhandlungen
  • Rechtsgebiete: Einkommens- & Gewinnsteuer, Verrechnungssteuer, Vermögens- & Kapitalsteuer, Internationales Steuerrecht, Direkte Steuern, Materielles Recht, Besteuerungsprinzipien, DBA
  • Zitiervorschlag: Stephanie A. Brawand, Zurechnungs- und Qualifikationskonflikte bei GmbH & Co. KG Strukturen im Verhältnis Deutschland – Schweiz, ASA 92 (2023/2024)
Erhält ein Gesellschafter bzw. Mitunternehmer einer GmbH & Co. KG für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft eine Vergütung, gewährt er ein Darlehen und erhält dafür Zinsen oder erfolgt eine Ausschüttung aus seiner Beteiligung an einer Kommanditisten-GmbH, kommt es bei grenzüberschreitend agierenden Mitunternehmerschaften im Verhältnis Deutschland-Schweiz häufig zu Zurechnungs- und Qualifikationskonflikten. Nach deutscher Sichtweise qualifizieren solche sog. grenzüberschreitend gezahlte Sondervergütungen als gewerbliche Einkünfte i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz EStG. Dem Schweizer Steuerrecht ist der Terminus der Sondervergütung jedoch fremd. Die finanzielle und persönliche Leistungserbringung der Teilhaber gegenüber ihrer Personengesellschaft stellt nach helvetischer Auffassung ein dem Drittvergleich standhaltender Leistungsaustausch dar. Die Schweiz differenziert im Rahmen der Abgrenzung der Vermögensphäre des Gesellschafters gegenüber seiner Personengesellschaft gestützt auf die Qualifikation der Einkommensquelle bzw. der Zugehörigkeit des Vermögenswerts zum Privat- oder Geschäftsvermögen. Die Abkommensrechtliche Spezialregelung in Art. 7 Abs. 7 DBA-D schafft dabei keine Abhilfe. Das DBA Schweiz-Deutschland subsumiert Sondervergütungen unter der Bestimmung der Unternehmensgewinne (Art. 7 DBA-D). Für Letztere steht dem Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht zu (Art. 7 Abs. 7 DBA-D). Die Schweiz hingegen qualifiziert den entsprechenden Einkommenszufluss als Zinsen oder Dividenden, wonach die in Art. 10 und 11 statuierten Bestimmungen zur Anwendung gelangen. Letztere behalten dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters das Besteuerungsrecht vor, unter Einbehalt einer Quellensteuer im Quellenstaat.
Typische Fallkonstellationen zeigen die in der Praxis häufig anzutreffenden Qualifikationskonflikte. Trotz transparenter Behandlung von Personengesellschaften beider Vertragsstaaten, gestützt auf deren unilateralem Recht, bestehen nach wie vor Qualifikationskonflikte bei Zahlungen von Sondervergütungen. Mit der Einführung der «Option» zur Körperschaftsbesteuerung für Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft im deutschen Körperschaftsteuerrecht per 1. Januar 2022 ist künftig vermehrt mit Zurechnungskonflikten zu rechnen. Behandelt die Schweiz eine optierende Personengesellschaft weiterhin transparent, während Deutschland dieselbe steuerrechtlich den Kapitalgesellschaften gleichstellt und somit intransparent behandelt, sind nicht nur bei der Zurechnung von Erträgen Zurechnungskonflikte die Folge, sondern bestehen auch bei der Frage des anzuwenden Quellensteuersatzes auf Ausschüttungen divergierende Ansichten der Vertragsstaaten. Hält die (optierende) Personengesellschaft eine Beteiligung an einer Schweizer Kapitalgesellschaft und nimmt diese eine Ausschüttung vor, fehlt es nach wie vor an der Rückerstattungsberechtigung des Schweizer Teilhabers für die Schweizer Verrechnungssteuer.

Inhalt

  • I. Personengesellschaften im internationalen Verhältnis
  • 1. In- oder ausländische Personengesellschaften
  • 1.1. Qualifikation als schweizerisches oder ausländisches Unternehmen
  • 1.2. Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft (optierende Gesellschaft)
  • 2. Abkommensberechtigung von Personengesellschaften
  • 2.1. Transparente versus intransparente steuerrechtliche Behandlung
  • 2.2. Bindungswirkung der Qualifikation das Ansässigkeitsstaates?
  • 3. Selbständige Erwerbstätigkeit versus reine Vermögensverwaltung
  • 3.1. Kaufmännische und gewerbliche Personengesellschaften
  • 3.2. Reine Vermögensverwaltung
  • 4. Sondervergütungen und Sonderbetriebsvermögen
  • 4.1. Begriff der Sondervergütung und des Sonderbetriebsvermögens nach deutschem Recht
  • 4.2. Begriff der Sondervergütung nach Abkommensrecht
  • 4.3. Verhältnis Art. 7 Abs. 7 und Abs. 8 DBA-D
  • 5. Qualifikations- und Zurechnungskonflikte
  • II. Spezifische grenzüberschreitende Fallkonstellationen
  • 1. Schweizer Kommanditist an GmbH & Co. KG
  • 1.1. «Inländische Personengesellschaft»
  • 1.2. Geschäftsbetrieb in Deutschland
  • 1.3. Darlehen und Zinszahlung
  • 1.4. Fazit
  • 2. Schweizer und Deutscher Kommanditist an «optierender» GmbH & Co. KG
  • 2.1. Qualifikation der «optierenden» Personengesellschaft nach internem schweizerischem Recht
  • 2.2. Ausschüttung der «optierenden» GmbH & Co. KG
  • 2.3. Fazit
  • 3. Schweizer und Deutscher Kommanditist an GmbH & Co. KG mit Beteiligung an Kommanditisten-GmbH und Beteiligung an CH-AG
  • 3.1. «Inländische Personengesellschaft»
  • 3.2. Ausschüttung Kommanditisten-GmbH
  • 3.3. Ausschüttung der CH-AG
  • 3.4. Fazit
  • 4. Schweizer und Deutscher Kommanditist an «optierenden» GmbH & Co. KG mit Beteiligung an Kommanditisten-GmbH und Beteiligung an CH-AG
  • 4.1. «Hybride Personengesellschaft»
  • 4.2. Ausschüttung der Kommanditisten-GmbH
  • 4.3. Ausschüttung der optierenden GmbH & Co. KG
  • 4.4. Ausschüttung CH-AG
  • 4.5. Fazit
  • III. Schlussfazit